Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein neues Forschungsprojekt im Schnittfeld von Politischen und Digitalen Geographien am Institut für Geographie der FAU und dem Institut für Geographie und Geowissenschaften der MLU.
Informationen: Prof. Dr. Georg Glasze (FAU) & Prof Dr. Boris Michel (MLU)
Das Projekt “Open geospatial data at the intersection of digital commoning, digital humanitarianism, and digital capitalism: Transformations and tensions in OpenStreetMap” beschäftigt sich mit Transformationsprozesse und Spannungen im Bereich von offenen Geodaten, digitalen Gemeingütern (digital commons) und volunteered geograpphic information. Es untersucht die wachsende Rolle von kommerziellen Plattformen und humanitären Akteuren in OpenStreetMap (OSM).
Das Forschungsprojekt geht von der Prämisse aus, dass ein Spannungsverhältnis besteht zwischen dem Ethos von OSM als einem Projekt, das auf lokalem Wissen und Praktiken des digitalen Commoning aufbaut und den Bedenken gegenüber distanzierten und daten-extraktivistischen Praktiken institutioneller Akteure andererseits. Diese Bedenken werden insbesondere von dekolonialen und feministischen Stimmen innerhalb der OSM-Gemeinschaft geäußert und werfen Fragen zur Macht der Kartographie sowie zu organisatorischen Fragen der Partizipation, Polyphonie und Datensouveränität auf.
Die beiden Fallstudien im Projekt fragen nach der sich verändernden Produktion und Nutzung von geographischem Wissen in OSM, den Interaktionen, Überschneidungen und Konflikten zwischen den verschiedenen Gruppen von Akteuren und der veränderten Governance von OSM an der Schnittstelle zwischen digitalem commoning, digitalem Humanismus und digitalem Kapitalismus.
Das Forschungsprojekt hat drei Ziele:
- Daten: Analyse der sich verändernden Produktion und Nutzung von geographischem Wissen in OSM.
- Akteure: Beschreibung von Interaktionen, Überschneidungen und Konflikten zwischen den verschiedenen Gruppen von Akteuren in OSM.
- Governance: Untersuchung der sich verändernden Governance von OSM an der Schnittstelle zwischen digitalem Commoning, digitalem Humanismus und digitalem Kapitalismus.
Diese Ziele werden in zwei sich ergänzende Fallstudien bearbeitet:
- Fallstudie A konzentriert sich auf die Strategien und Politiken der wichtigsten institutionellen Akteure in OSM (kommerzielle Akteure wie Meta und Microsoft, die neu gegründete Overture Maps Foundation sowie das humanitäre OSM-Team). Von besonderem Interesse sind die Beziehungen, Konflikte und Spannungen zwischen diesen institutionellen Akteuren und zentralen Akteuren der OSM-Gemeinschaft. Angesiedelt ist diese Fallstudie am Lehrstuhl für Kulturgeographie und Politische Geographie an der FAU Erlangen-Nürnberg (AG Glasze).
- In der Fallstudie B werden die praktischen Interaktionen zwischen lokalen communities und institutionellen Akteuren auf lokaler Ebene untersucht. Sie konzentriert sich auf die Philippinen, einen Ort, an dem lokale OSM-communities mit Akteuren und Konzepten des digitalen Plattformkapitalismus und des humanitären Sektors in spannungsreicher Interaktion stehen. Diese Fallstudie ist angesiedelt an der Professur für Digitale Geographie der MLU Halle-Wittenberg (AG Michel).